Glauben | Alpine Chapel

Zu Besuch in der Abgeschiedenheit

Eine Kapelle von Joaquim Portela Arquitectos könnte der nächste „Hotspot“ für religiöse Suchende in den Schweizer Alpen werden.

by Jan Zimmermann

In der gelebten Religiosität, so könnte man sagen, gibt es in sozialer Hinsicht zwei Pole. Der eine ist jene Religiosität, die in der Gemeinschaft gelebt und gefeiert wird, und zwar an zentralen sakralen Orten, zum Beispiel innerhalb der Stadt oder des Dorfes. Der andere Pol ist die individuell für sich gelebte Religiosität, welche zumeist im eigenen Heim stattfindet. Bei geistlich besonders Durstigen nimmt diese Form häufig die besondere Prägung einer Suche nach Abgeschiedenheit an. Manche tun dies dauerhaft als Eremiten, andere eher als zeitweilige „Besucher“. Berge, Täler, Höhlen, Wälder oder auch Wüsten erfreuen sich dabei besonderer Beliebtheit. Das portugiesische Architekturbüro Joaquim Portela Arquitetos hat nun die perfekte kleine Kapelle für solcher Abgeschiedenheit Bedürftige in den Schweizer Alpen entworfen.

Lichttrichter

Mit einer Hülle aus schalungsrauem Beton und ihrer kantigen Form wirkt die Kapelle schon selbst ein Bisschen wie das alpine Felsgestein um sie herum und löst so bereits ein Stückweit das Menschliche auf, welches es dem Suchenden zu überwinden gilt. Wie eine Art Trichter verjüngt sich der Sakralbau als schiefer Turm zu einem Oberlicht im Süden hin, welches der eigentlichen Kapelle, neben dem verglasten Eingang, als einzige natürliche Lichtquelle dient und den Altarraum bescheint. Dies ist kein Zufall, sondern eine absichtliche Versinnbildlichung der „Suche nach dem Licht“.

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Den Abgrund vor Augen

Vom Hauptkörper geht noch ein kleineres Volumen ab, in dem sich ein geräumiges Büro oder Sprechzimmer befindet. Von hier aus blickt dann der Priester durch ein breites, bodentiefes Fenster ins Tal hinab. Vielleicht ist hier aber auch der Sinn der Sache, dass der gute Mann den Abgrund, buchstäblich und allegorisch zugleich, stets im Auge behält, während er mit seinen Schäfchen plauscht oder Predigten vorbereitet.

Fazit

Klein, schlicht und selbst schon fast ein Fels, könnte die kleine Kapelle schon bald der nächste „Hotspot“ für religiöse Suchende in den Schweizer Alpen sein, zumal man hier in Sachen Licht auf den richtigen „Trichter“ kommt. Allerdings müssen sich eventuelle Pilger noch etwas gedulden: Der Baubeginn ist erst für das Jahr 2017 geplant. Vielleicht nehmen sie bis dahin einfach ganz „old-school“ mit dem blanken Berg vorlieb.

Projektdetails
Architekt: Joaquim Portela Arquitetos  
Status: Baubeginn: 2017
Ort: Schweizer Alpen
Land: Schweiz